Po polsku – Nr. 2

Bogdan Koslowski aß schon immer für drei. Als er schließlich mit 30 Jahren 180 Kilo wog, fing er an zu predigen. Seine innig entbrannte Liebe galt der Jungfrau Maria und sie enthob ihn jeglicher fleischlichen Teilhabe am allgemeinen Tanz der Geschlechter, ja sie gab ihm zusätzlich die Möglichkeit, diesen fortan als schmutzig und verabscheuungswürdig zu geiseln. Besonders gern frönte er diesem Hobby im Kloster der Schwestern von Nazareth in Komańcza, hatten diese doch auf Grund ihres demütigen Lebenswandels nicht die geringste Chance, seinen stundenlangen Bibelrezitationen und zahllosen Amens aus dem Weg zu gehen.

Das Kloster Komancza
Die Schwestern im Kloster Komancza ließen sich durch uns nicht vom Glauben abbringen. Wir nächtigten drei Tage bei ihnen und waren von ihrer Sanftmut und Toleranz sehr angetan. Die ausgesprochen gute Küche tat ihr Übriges.

Die Uliza Polonina Wetlinskaja, diesen ausgewaschenen und intensiv genutzten Geröllpfad in den polnischen Waldkarpaten, kam Bogdan mit seiner Leibesfülle schon lange nicht mehr hinauf und so entging ihm, was sich am 17. August im Jahr des Herrn 2012 auf den lieblichen Gebirgswiesen, die sowohl im polnischen als auch im slowakischen und ukrainischen Polonina heißen, zutrug. Keiner der zweihundertsiebenunddreißig anwesenden Ausflügler konnte später sagen, wo der Jeleń, der Hirsch, eigentlich hergekommen war, plötzlich war er jedoch da. Er stand beinahe inmitten der staunenden Menschen, kaute ein paar unter strengstem Naturschutz stehende Kräuter, warf hin und wieder stolz den von einem prächtigen Geweih gekrönten Kopf für die zahllos gezückten Kameras nach vorn und war ansonsten einfach nur Hirsch.

Der Hirsch

Und ich hatte den Hirschstreichler vergessen.