Sonntagskindgedanken

Reisen hat immer auch viel mit Warten zu tun, zumindest wenn man nicht ganz exakt durchplant und eher so der „Komme ich heute nicht, komme ich morgen“-Typ ist. Wie ich.


Ich sitze dann viel zu zeitig an Bushaltestellen, tauche des Nächtens irgendwo im Nichts auf, ohne konkrete Idee, wie weiter. Treffe spontane Entscheidungen, die zu großer Müdigkeit am nächsten Tag führen. Immer mit der Selbstgewissheit „Wird schon alles gut gehen“. Geht es auch, immer. Manche nennen das naiv.
Ich schwatze viel zu lange mit Menschen, die des Weges kommen und anscheinend auch nichts zu tun haben. In Indien ist das sehr leicht, ich habe noch nie so viele Leute innerhalb so kurzer Zeit kennengelernt wie hier. Liebe Leute, interessante, teilweise auch verrückte, im positiven Sinn.

Was mir missfällt – es gibt kaum Sitzgelegenheiten. Zum Beispiel an den Haltestellen im Nirgendwo. Gerade dann, wenn ich gerne bissl rumtüdeln würde, die Gedanken spazieren schicken, schreiben – es gibt immer nur den Straßenrand, meist ordentlich riechend nach Urin und Hundekacke. Und fernab der Zentren mit den Chai Shops, an denen man aber auch häufig nur steht. Die Indys sitzen wahrscheinlich nicht gern.

Womit ich wider Erwarten gut klar komme, sind die Klos. In Indien wischt man sich mit der bloßen linken Hand den Hintern ab. Dazu nutzt man entweder Wasser aus bereitstehenden Gefäßen oder, was mir besser gefällt, einen Schlauch mit per Hebel bedienbaren Hahn, wie an einer Zapfsäule. Nur hat man danach immer nasse Schlüpper. Zu jedem Klo gehört ein Waschbecken mit Seife, anders habe ich es noch nicht erlebt.
Gegessen wird deshalb immer nur mit der rechten Hand, Besteck ist eine sehr seltene Ausnahme.

Essen kann man überall, wo viele andere Leute essen. In der Regel ist es vegetarisch, nur die Mutton Momos im Kalimpong konnte ich nicht auslassen. Oft kann ich mir die Namen der Sachen nicht merken. Wahrscheinlich werde ich alt…

Super sind die Internetkonditionen. 1,5 GB pro Tag, mit installierter AirTel-App sogar 7 Tage lang 2 GB mehr. Die App nervt aber durch ständige Werbe-SMS. 56 Tage kosten knapp 600 Rupies, also 7,50 Euro. Das Netz ist in der Regel schnell und selbst im Bus durch die Wüste unterbrechungsfrei.
Kostenloses WiFi gibt’s dagegen meistens nicht, höchstens mal in Chai Shops.

Chai trinke ich gern. Er ist heiß – wichtig für die Hygiene – und süß, mit Milch und vielleicht ein paar wenigen Gewürzen. Und billig, selbst am Laka Gletscher kostet er nur 50 Cent.

Indien ist ein eigener Planet, ich kann es nicht anders beschreiben. Die Unterschiede zwischen Delhi, Rajasthan, Punjab und Himachal Pradesh sind riesig. Es werden unterschiedliche Sprachen gesprochen, verschiedene Dinge gegessen, andere Götter angehimmelt. Die Indys, mit denen ich zu tun hatte, waren stolz auf diese Vielfalt. Ich finde sie auch wundervoll. Was mich dabei besonders begeistert: Scheinbar kennen alle auch die Bräuche und Gepflogenheiten der jeweils anderen und integrieren diese in ihre eigenen. Selbst Atheisten wie mich kann man nämlich immer mit den Worten „At least you believe in love and equality, don’t you? We do!“ überzeugen. Das wird sicher nicht auf alle zutreffen, Indien hat große Probleme mit lauten, aggressiven Populisten von rechts. Wie wir auch. Besonders Ungebildete sind deren Ziel, davon gibt es hier noch viel mehr als bei uns.

So, und nu? India, either you’ll love it or you’ll hate it.

Ich liebe es. Das liegt vor allem an den Indys.

Geschrieben im Hocken. Immer noch anderthalb Stunden bis der Bus kommt.
Mich würde ja mal interessieren, ob ich halbwegs lesbar schreibe und ob das alles irgendjemanden überhaupt interessiert. Wenn nicht, auch kein Problem, dann lese ich es in 10 Jahren und bin wieder hier.

Meine Schreibstube, das schwarze Ding in der Mitte ist mein Rucksack, daneben Maaza-Mangosaft, superlecker.

Rechtschreibfehler mache ich übrigens nicht freiwillig. Mein Handy korrigiert manchmal selbständig irgendwelche Dinge in die falsche Richtung, hin und wieder überlese ich natürlich auch was. Einfach ignorieren. Wenn ich aber schon dabei bin: Was Apple sich mit seinen Bildschirmtastaturen leistet, geht auf keine Kuhhaut. Die müssten gezwungen werden, ihre Quartalsberichte auf den Dingern zu tippen. Auf Android-Geräten hatte ich nie solche Probleme.