Essen lecker, Wetter super, Landschaft bombastisch, Menschen nett. So ließen sich die letzten Wochen zusammenfassen. Taiwan macht mir das Schreiben ein bisschen schwer, man lernt fast niemandem kennen. Es sprechen auch weniger Menschen Englisch, als zuerst vermutet.

Der Sonne-Mond-See ist für deutsche Verhältnisse ein ziemlich kleiner See, also recht schnell abgehakt. Als ich danach in Taichung wieder ankomme und diesmal im 15. Stock im Star Hostel Taichung Parklane einchecke – einem der besten Hostels, in dem ich je war (17€/Nacht 8-Bettzimmer), schüttet es seit Stunden aus Eimern. Mit meinem neuen Schirm flüchte ich ins National Museum of Natural Science und spiele an den verschiedenen interaktiven Ausstellungsstücken herum. Physik, Chemie, Bio, Mathe haben mir schon immer Spaß gemacht.

Die Experimente zu Pendeln, Wirbeln, Optik und so weiter sind didaktisch ausgezeichnet aufgebaut, so etwas würde ich mir für unsere Schülys in Deutschland auch wünschen. Viele Familien spazieren durch die Themenbereiche und probieren mit ihren teilweise noch recht kleinen Kindern alles aus.
In einem 360°-Kino kann man bei einem Flug mit der Sonde Cassini durch unser Planetensystem am Saturnmond Enceladus vorbeidüsen, bekommt die Entfernungen, Hintergründe und neuesten Erkenntnisse grafisch aufbereitet erklärt. Natürlich auf Chinesisch, aber das meiste kann man sich zusammenreimen.
So geht der Tag dahin.
Da mir das so gut gefallen hat, ist am nächsten Tag gleich noch Taiwans wichtigstes Kunstmuseum dran, das National Taiwan Museum of Fine Arts. Mit Kunst kenne ich mich überhaupt nicht aus, ich urteile strikt nach Gefallen. Zumal Kunst meiner Meinung nach erst durch die Beschreibung durch Kunsthistorikerinnen entsteht, vorher ist es ja manchmal nur eine weiße Wand.
Und dann shoppen, ich brauche eine zweite kurze Hose. Konsum ist ja auch in Taiwan eine der Hauptbeschäftigungen. Es gibt Unmengen Läden mit Handyhüllen, asiatisch niedlichen Kawaii-Plüschtieren (ich bin dafür teilweise anfällig, habe ich wieder gemerkt) – und vor allem Essen. Wenn ich die Taiwanys in drei Worten zusammenfassen müsste, wären das Arbeiten, Essen, Kaufen. Wenn sie nicht arbeiten, essen sie. Eher kleine Portionen, damit man mehrere essen kann. Als vegetarisch scheint alles zu gelten, was weniger als vier Beine hat, in entsprechend gekennzeichneten Gerichten sind schnell mal Huhn, Fisch, Krabben oder Garnelen enthalten.
Und sie reisen viel auf ihrer kleinen Insel herum. Der Norden ist an den Süden durch ein pfeilschnelles Schienennetz angebunden, man ist in etwas mehr als 90 Minuten einmal von oben nach unten gefahren. Von den THSR-Bahnhöfen (Taiwan High Speed Rail) bringen einen hauptsächlich Busse weiter, sehr viele Busse. Alles Diesel, grundsätzlich scheint die Elektrifizierung des Verkehrs noch nicht so weit wie in Deutschland zu sein, geschweige denn wie beim großen Nachbarn China. Dabei täte es dem Riesenballungsraum und seiner Luft auf der Westseite Taiwans – der mehr oder weniger von Taipeh bis Kaohsiung reicht – sehr gut, wenn wenigstens die Scooter, die Motorroller durch akkugetriebene Versionen ersetzt würden. Yubo, ein in Kanada studierender Chinese aus Peking, mit dem ich kurz im Hostel am Sun-Moon-Lake schwatzen konnte, schob das auf die fehlende „ordnende“ Hand der Staatsmacht: In China wird das festgelegt, dann wird mit gigantischem Arbeits- und Geldeinsatz dafür gesorgt, dass die Ladeinfrastruktur überall bereitsteht. Und wenn die im Norden in kälteren Regionen lebenden Menschen wegen harter Winter temperaturbedingt nicht umsteigen wollen oder können, haben sie sich trotzdem dem Diktat des Plans zu unterwerfen und leiden unter den daraus resultierenden Gesetzen.
Taiwan ist wesentlich freier. Es existiert eine quirlige LBTQ-Szene, zumindest kommt mir das optisch so vor, ich stecke da nicht so drin. Die Jugend feiert auf Raves und in Clubs, düst dafür kreuz und quer durch’s Land, übernachtet in den preiswerten Hostels. Und „benimmt“ sich, die Drogenpolitik scheint sehr strikt zu sein, passend zur asiatischen Arbeitsethik. Wenn man nicht weiß, wo das alles stattfindet, ist das Nachtleben aber ziemlich öde und eben auf Essen und Shoppen begrenzt.
Das Land ist meistens sehr sauber, öffentliche Toiletten in der Regel problemlos benutzbar, kostenlos und zahlreich.
Über Kaohsiung fahre ich in den südlichsten Teil Taiwans nach Kenting, tropisch heiß, man hält es kaum aus. Springe ausgiebig ins Meer und werde wegen meiner Schwimmfähigkeiten bestaunt. Die Taiwanys können oft nicht schwimmen und gehen häufig mit allerlei Schwimmhilfen ins Wasser, meistens nicht tiefer als bis zum Bauchnabel.
Für ein paar Tage während des Mondfestes treffe ich Paul später in Kaohsiung wieder, von wo aus wir auf die Insel Xiaoliuqiu übersetzen und mit Elektroscootern alles genau erkunden. Viel ist es nicht. Die Strände sind meistens scharfkantig, die Insel ist ein riesiges Korallenriff. Beim Schnorcheln begegnen wir vielen Schildkröten, ein paar Seenadeln(?) und bunten Aquarienfischen. Es ist aber recht trübe, der starke Wellengang fügt uns auch einige Kratzer an den Riffs zu.
Auf Xiaoliuqiu haben vor 400 Jahren Kannibalen gelebt, zumindest erzählt das Wikipedia. In meinen Augen passt das zur taiwanischen Küche, man isst einfach alles. Mit Sojasoße, Shrimps und Reis haben die niederländischen Seefahrer wahrscheinlich sogar ausgezeichnet geschmeckt… 😁
Die folgende Strafexpedition der Eroberer war allerdings grausam.
Noch schnell Tainan, älteste Stadt Taiwans abhaken. Von hier aus kann man zum Beispiel den Sicao Green Tunnel angucken, auf dem Weg dorthin geht am Linienbus ein Reifen kaputt, was eine Stunde in sengender Hitze warten bedeutet. Ich bekomme vom Busfahrer einen Eistee ausgegeben, darf ihm aber ausdrücklich nicht helfen.
Der Green Tunnel ist ein 300 Meter langer Mangrovenkanal. Am Eingang darf man sich einen Hut und einen Fächer nehmen, alle bekommen Schwimmwesten angelegt. Dann geht es unter ununterbrochenen Erklärungen des Bootsführers langsam diesen Kanal hin und wieder zurück, was ungefähr 30 Minuten dauert und deutlich weniger spektakulär als in der Werbung ist.
Während ich danach von Tainan weiter nach Keelung an die nördlichste Spitze Taiwans fahre, bleibt Paul in Taipeh, Studium ist Studium. Viel gibt es auch in Keelung nicht zu sehen, aber von da aus fährt ein Bus nach Jiufen, einer an einen Berg geklebten alten Stadt, die angeblich Hyaki Myazaki zum Film Chihiros Reise ins Zauberland inspiriert hat (was er laut Wikipedia aber bestreitet) und die außerordentlich hübsch anzusehen ist. Und sie strotzt vor Studio Ghibli-Fanartikeln, auch ich kaufe mir dort ein Totoro-Nackenhörnchen für den Rückflug.
Das war’s. Die nächsten beiden Tage in Taipeh beinhalten den 101. Und endlich mal ein par Clubs, laute Musik fehlt mir mittlerweile neben meinen Daheimgebliebenen schon sehr.
Das Wetter würde ich ja gern mitnehmen und mit unserem deutschen mixen, dann kämen wahrscheinlich angenehme 25 Grad rund um die Uhr raus.
(Bilder folgen noch)