„I want to marry a Punjabi girl!“, sagt Kady, als wir Delhis bekanntesten Sikh-Tempel erreichen.
Ah, daher weht der Wind.
Go with the flow

„I want to marry a Punjabi girl!“, sagt Kady, als wir Delhis bekanntesten Sikh-Tempel erreichen.
Ah, daher weht der Wind.
„Sorry, but I just want to be alone!“ Mit großen Schritten durchschreite ich Neu-Delhi, wie aus dem Nichts ist gerade ein relativ kleiner, schmächtiger Inder neben mir erschienen und fragt mich, wie es geht, wo ich herkomme, erzählt mir, wo ich bin und will mich vor Trickbetrügern warnen, alle außer ihm hätten es nur auf‘s Geldverdienen abgesehen. “I don’t want to sell you something Sir!”
Wahrscheinlich war ich einfach zu müde oder Indira Gandhi macht es Neuankömmlingen wie mir unnötig schwer, aber ehe ich wusste, was gerade geschah, war ich aus dem Flughafen raus und kam nicht wieder rein. Alles bewacht, teilweise mit der Maschinenpistole.
Meine Augen fühlen sich an, wie nach einer durchtanzten Nacht im Sektor, zugequollen, sie wollen gar nicht aufgehen. Allem, was sonst noch so ich ist, fehlt der Beat, der Rhythmus. Die Welt lärmt und wackelt mit lautem Rauschen und Vibrieren, aber Party ist hier nicht.
Der ICE1558 ist superpünktlich und supervoll. Vor allem mit Bundeswehrsoldaten, alle mit ihrem Namen an der Jacke.
Platzhalter sind wichtig, möglichst vorn an den Füßen, damit man die Beine im Flugzeug ausstrecken kann. Das hier wird sich in den nächsten Tagen in meinen Notizzettel verwandeln.
115 Stockwerke bin ich hochgestiegen, behauptet mein Telefon und lobt mich dafür. Mir kommt es viel mehr vor.
Der Blick aus dem 115. Stock ist atemberaubend, nach links blickt man bis schätzungsweise Poznań, rechts breitet Tschechien seine mit Nakládany Hermelin und Smažený Sýr lockenden Arme bis zum Horizont aus. Vor uns thront die Sněžka, sicher nochmal weitere 200 Stockwerke hoch.
Und hinter uns nur noch Lachen, Schnaufen und 19 Kilometer bis zur Wossecka Bouda, übrigens eine netzfreie Baude, wenn man dem technischen Gerät mal zeigen will, wer hier eigentlich das Chefy im Hause ist.
Dank einer überaus charmanten Reisebegleiterin sprechen wir jetzt alle fließend Tschechisch und mögen unser Nachbarland noch lieber als vorher. Außerdem ist Sommer. Es könnte gern immer alles so einfach sein.
„Also, Herr, äh, Herr, na, Dings, hier der Vertrag. Dreitausend Euro monatlich, Cash in den Briefkasten, pünktlich am Ersten, bis ans Ende ihrer Tage. Und sie gucken dafür rum, auch mal mit Fernglas, Insekten, Vögel, Eichhörnchen, sie wissen schon.“
„Muss er da ordentlich Buch führen?“, wirft die Liebste ein. „Das könnte schief gehen.“ Womit sie recht hat.
„Nee, hin und wieder eins füttern, gestüm machen, die Schafe immer grüßen, die brauchen Aufmerksamkeit und Zuwendung, sonst wird die Wolle rauh, so was.“
„Wo muss ich unterschreiben?“, frage ich schnell, bevor er es sich anders überlegt.
„Hiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeee….“, geht seine Antwort in erzgebirgisches Sirenengeheul über und ich wache auf.
Mist, zu langsam gewesen.
Der Zeitgeist redet ja seit ein paar Jahren davon, dass Duschen, nacksch mit der kleinen Zehe gegen den Türrahmen laufen, Brille suchen, damit man den Spatzen im Vogelhaus beim Quatschmachen zugucken kann, während man am Kaffee nippt, jetzt Morgenroutine heißt und dass man stetig an der Verbesserung dieser Routine arbeiten sollte.
Hab ich gemacht. Seit fast vier Wochen nun greife ich morgens routiniert als erstes zum Handy und sehe nach, ob Putin noch lebt, immer in der Hoffnung, irgendein halbwegs vertrauenerweckendes Nachrichtenportal verkündet in einer Eilmeldung, dass dem nicht so sei und jetzt alles wieder gut werde. Also nicht wirklich gut, eher weniger beschissen.
Besonders schön wäre es, wenn der Zufall ihn an einer Mücke ersticken ließe. Sie bekäme von mir Kosenamen und würde in Gedichten gepriesen, ihren Artgenossen würde ich an lauen Sommerabenden hin und wieder einen echten B-Rh-negativ mixen. Mücken würden nachträglich zum Tier des Jahres ernannt.
Ein Kriegsverbrechertribunal vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte täte es natürlich auch.